Inhalt des Dokuments
Teilprojekte [Stand: 2005]
- Alltagstechniken Chinas als Ausdruck ideologischer Haltungen: Vestimentäre Körpertechniken der "Großen proletarischen Kulturrevolution"
- Die Aneignung des Radfahrens in China um die Jahrhundertwende
- Ein Jahrhundert Licht im Alltag. Eine technikethnologische Fallstudie zur Beleuchtung im ländlichen Nordchina
Alltagstechniken Chinas als Ausdruck ideologischer Haltungen: Vestimentäre Körpertechniken der "Großen proletarischen Kulturrevolution"
[1]
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Dissertationsprojekt von Iris Hopf
Die Art und Weise, wie Menschen kulturspezifisch die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse technisch organisieren, bewegt sich immer auch im Kontext vorherrschender religiöser und politischer Weltanschauungen. In China war während der Kulturrevolution (1966-1976) die ideologische Ausrichtung ein bestimmender Faktor in der Gestaltung aller Bereiche des alltäglichen Lebens.
In den Körpertechniken des Sich-Kleidens wird dieses
Wechselspiel besonders deutlich. Die westliche Kleidungsforschung
begriff und untersuchte Kleidung lange Zeit vorwiegend in ihrer
Bedeutung als Symbolträger und Mittel visueller Kommunikation
(Eicher & Roach-Higgins 1992:15).
Zwar wurde Kleidung in
der Rhetorik der Kulturrevolution weitestgehend auf ihre Funktion
als unabdingbares Mittel zur Befriedigung von Grundbedürfnissen
reduziert. Gleichzeitig fand jedoch die Vermittlung
revolutionärer Inhalte und Verhaltensvorbilder ebenso wie die
Visualisierung von Zukunftsvisionen des technischen Fortschritts durch
die bildliche Darstellung des bekleideten Körpers weiterhin
statt. Kleidung wurde so zum Mittel des visuellen Ausdrucks
sowohl gegenwärtiger revolutionärer Askese als auch
zukünftigen Überflusses.
In diesem Spannungsfeld zwischen
Kleidung als Ergänzung körperlicher Funktionen im Sinne einer
Anpassung an die Umwelt (nach Nixdorff 2000:117) einerseits
und Kleidung als Mittel gesellschaftlichen Regeln folgender visueller
Kommunikation andererseits ist das Dissertationsvorhaben
angesiedelt. Als technisches Artefakt ist Kleidung Träger von
Bedeutungszuschreibungen, durch ihre unmittelbare Körpernähe
jedoch gleichzeitig Teil der originalen Struktur des Eigenleibes.
Das Dissertationsvorhaben betrachtet die Kleidung der
Kulturrevolution in ihrer daraus resultierenden Mittlerfunktion
zwischen Individuum, Umwelt und Technik (vgl. Strieder
2003:187).
Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung der
Textilproduktion während der 1960er und 1970er Jahre untersucht die
Arbeit anhand der Analyse von Schnittkonstruktionen und
Schichtungen von Kleidung die Rolle textiler Materialien in der
sinnlichen Erfahrung kulturrevolutionären Alltags. Eine
Untersuchung bildlicher Darstellungen des bekleideten Körpers in
Propagandamaterialien und von Kleidungsmetaphern in der Rhetorik
der Kulturrevolution beleuchtet Techniken der Vermittlung und
Aneignung ideologischer Inhalte.
Literaturhinweise:
Eicher, Joanne B. & Roach-Higgins, Mary Ellen: Definiton and Classification of Dress. Implications for Analysis of Gender Roles. In: Barnes, Ruth & Eicher, Joanne B. [Eds.]: Dress and Gender: Making and Meaning in Cultural Contexts. New York [u.a.]: Berg 1992, S. 8-28.
Nixdorff, Heide: Kleidung. In: Streck, Bernhard [Hg.]: Wörterbuch der Ethnologie. 2. und erweiterte Auflage. Wuppertal: Edition Trickster im Peter Hammer Verlag 2000, S. 117-120.
Strieder, Andrea: Kunstseidene Welten. Die Erfahrung textiler Materialität im Kontext der 20er und 50er Jahre. In: Bewegung - Sprache - Materialität. Kulturelle Manifestationen des Textilen. [Textil - Körper - Mode. Dortmunder Reihe zu kulturanthropologischen Studien des Textilen. Herausgegeben von Gabriele Mentges und Heide Nixdorff. Band 4]. Bamberg: Edition Ebersbach 2003, S. 185-254.
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Die Aneignung des Radfahrens in China um die Jahrhundertwende
[2]
- © Copyright??
Dissertationsprojekt von Amir Moghaddass Esfehani
In der fahrradhistorischen Forschung ist China – mit heute
ca. 500 Mio. Radfahrern die größte Fahrradnation der Welt –
aufgrund der sprachlich schwer zugänglichen Quellen ein stark
unterrepräsentiertes Feld. Unsere Kenntnisse zu allen Aspekten
des Fahrrads in China sind spärlich oder ungesichert. Das
Dissertationsprojekt „Fahrradfahren in China um die
Jahrhundertwende“ erschließt zentrale Aspekte der kulturellen
Aneignung des Fahrrads und Radfahrens. Die Untersuchung widmet
sich den Jahren 1880 bis 1920, einem Zeitraum, in dem das Radfahren in
China noch weitestgehend als eine „fremde“, westliche
Modernität und Urbanität ausdrückende Technik der Fortbewegung
aufgefasst wurde. Chinesischsprachige Quellen, vor allem
Zeitschriftenbeiträge über das Verkehrsgeschehen, über soziale
und medizinisch-körperliche Aspekte des Radfahrens stellen das
wichtigste Forschungsmaterial. Darüber hinaus werden chinesische
Archivalien zur Verkehrs- und Unternehmensgeschichte
erschlossen.
Mit dem Forschungsvorhaben werden erstmals zentrale
Aspekte der kulturellen Aneignung des Fahrrads und Radfahrens
erschlossen, die auf Parallelen aber auch Unterschiede zur
Entwicklung in Westeuropa, in den USA aber auch dem asiatischen
Nachbarland Japan überprüft werden können.
Dabei werden
zunächst die Etappen nachgezeichnet, entlang derer sich das
Fahrrad vom Freizeit- und Prestigeobjekt einiger weniger hin zum
alltäglichen Verkehrsmittel entwickelte. Aus
kulturgeschichtlicher Perspektive wird auf dieser Grundlage die
Frage verfolgt, auf welche Anknüpfungspunkte oder Anfangswiderstände
das Fahrrad speziell in der chinesischen Gesellschaft des
ausgehenden 19. Jahrhunderts traf. Es geht dabei zum einen um die
kulturspezifischen Hindernisse (in der Bewegungs- und
Mobilitätskultur, im öffentlichen Freizeitverhalten), gegen die
sich das Fahrrad als nicht nur technisch neues sondern auch
originär westliches Artefakt durchsetzen musste. Zum anderen
muss gerade in China das Fahrrad als ein Vehikel der Modernisierung
und der Emanzipation gesehen werden, mit dem schicht- und
geschlechterspezifische Tabus aufgebrochen und westlich-moderne
Lebensart öffentlich demonstriert wurden.
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Ein Jahrhundert Licht im Alltag. Eine technikethnologische Fallstudie zur Beleuchtung im ländlichen Nordchina
[3]
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Dissertationsprojekt von Wu Xiujie [Promotion
abgeschlossen 2007]
Ziel des Forschungsvorhabens ist eine
umfassende Ethnographie zum technischen Wandel im Bereich
Beleuchtung im Alltag sowie deren kulturelle und soziale
Auswirkungen auf die Menschen. Die zentrale Fragestellung gilt
der Wechselwirkung zwischen biologischer Veranlagung der Menschen, den
durch neue Techniken geschaffenen Freiräumen und Möglichkeiten
sowie den durch die neuen Techniken entstandenen oder
veränderten kulturellen Wertschätzungen. Anders als in der
herkömmlichen Ethnographie, die mit gesellschaftlichen
Strukturen, Regeln und Normativen arbeitet, sollen in dieser Arbeit
individuelle Erfahrungen und Lebenssituationen der Sozialgruppe
Frauen und Kinder besonders berücksichtigt werden.
Beleuchtungstechniken prägten das Alltagsleben der Frauen
besonders stark, weil die Hausfrauen bis Mitte der 70er Jahre im
bäuerlichen Milieu Chinas gefordert waren, durch Handarbeiten
wie Spinnen, Weben und Nähen die Familienangehörigen mit Kleidung
und Schuhen zu versorgen. Durch die Verbreitung des elektrischen
Lichts seit Anfang der 70er Jahre und das Eindringen von
Industrieprodukten verloren die Frauen die Kontrolle über die
Verfügbarkeit der Lampen und somit auch ihre Rolle als
geselliger Mittelpunkt dunkler Abendstunden. Die
Zwangsgemeinschaften der Frauen, bestimmt vom Gebot der Sparsamkeit
und also der gemeinsamen Nutzung der Lampen, wurden dadurch
aufgelöst. Damit gingen auch spezifische Kommunikationsformen
zwischen Frauen verloren. Kinder sind in anderer Weise von den
neuen Beleuchtungstechniken betroffen. Neue Ansprüche und
Verhaltensmuster sind zu erkennen, das Lernen unter der Lampe
wird nicht mehr wegen der Ölverschwendung unterbunden, sondern als
Zeichen von Tugend und Fleiß gefördert. Ich möchte in meiner
Arbeit zeigen, dass die neuen Beleuchtungstechniken zwar die
Entstehung und Entfaltung neuer zeitlicher und räumlicher
Wahrnehmung und schließlich einer neuen zirkadianen Rhythmik
förderten, allerdings mit unterschiedlichen sozialen und
kulturellen Auswirkungen in unterschiedlichen
Sozialgruppen.
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Alltagstechniken Chinas
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